„Eigenverantwortliche Schule ist im Wesentlichen eine Chance"
- Zuletzt aktualisiert am 29. April 2013
- Veröffentlicht am 08. September 2007
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Bad Zwischenahn/Edewecht (hun). Für Klaus Friedrich, Schulleiter des Gymnasiums Bad Zwischenahn/Edewecht, war Donnerstag ein Tag des Aufbruches, denn auf das GZE kommen einige Veränderungen zu. Darüber sprach er mit dem HR.
Herr Friedrich, wie haben sie den Donnerstag erlebt?
Als sehr schön. Es war zuerst viel Aufregung da, weil wir vom Terminkalender des Ministers abhängig waren. In den letzten Ferientagen kam der Hinweis, er würde am 6. September kommen. Da hatten wir als Schule natürlich eine ganze Menge zu tun. Immerhin mussten die Einrichtung der neuen Außenstelle, der Umzug und die Einweihungsfeier bewerkstelligt werden. Zum Glück haben die Kollegen und Schüler alle an einem Strang gezogen. Auch die Gemeinde hat kräftig geholfen.
Sie haben jetzt nicht nur eine neue Außenstelle, sondern auch die eigenverantwortliche Schule. Eher eine Chance oder ein Fluch?
Ein Fluch überhaupt nicht, es wird im Wesentlichen eine Chance sein. Im Augenblick müssen wir den Schulvorstand in die Wege leiten. Wir werden jetzt eine Wahlordnung verabschieden, um die sieben Vertreter und Vertreterinnen der Lehrkräfte zu wählen. Schüler und Eltern werden in ihren Gremien gewählt.
Gibt es schon erste Ideen, wie es weiter umgesetzt wird?
Das ist natürlich Neuland. Wir werden die erste, konstituierende Schulvorstandssitzung voraussichtlich nach den Herbstferien durchführen. Besonderheit wird sein, dass der Schulvorstand Aufgaben übernimmt, die zuvor die Gesamtkonferenz innehatte. Wir dürften außerdem die Entscheidungsräume, die uns die Schulbehörde gibt, voll in Anspruch nehmen. So werden bestimmte Erlasse ausgesetzt und die Inhalte können von uns geregelt werden. So etwas betrifft beispielsweise Pausen- oder Doppelstundenregelungen, die Bildung von Klassen, die Zahl von Klassenarbeiten oder Schulfahrten.
Teilen Sie die Meinung Minister Busemanns, dass der Ansturm auf die Gymnasien nur mit dem Aufbau von Außenstellen zusammen hängt?
Für unsere Schule kann ich diesen Ansturm bestätigen. Bisher hatten sich in Edewecht schon an der alten Außenstelle immer unter 100 Schüler für das GZE angemeldet – in diesem Jahr sind es 117. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass Eltern das höhere Bildungsangebot suchen, aber auch damit, dass dieses Bildungsangebot an einer neuen und äußerst tollen Schule vorgehalten wird. Natürlich zeigt sich darin auch der grundsätzliche Ansturm auf die Gymnasien. Oft mit dem Nachteil, dass Eltern ihre Kinder anmelden, und diese es nicht schaffen – was manchmal auch vorher abzusehen ist, wie die Gutachten der Grundschulen dann doch belegen.
Sind vier Jahre Entscheidungsfindung in der Grundschule vielleicht zu wenig?
Finde ich nicht: Die Lehrer an der Grundschule haben die Kinder vier Jahre lang gesehen und ihre individuelle Entwicklung beim Schreiben, Lesen und Rechnen intensiv mitbekommen. Die Prognosen der Grundschule treffen in ganz überwiegender Zahl zu. Das zeigen auch die regelmäßigen Treffen der Grundschullehrer mit unseren Klassenlehrern des fünften Jahrgangs.
Stimmen sie Herrn Busemann zu, dass die Systemdebatte überflüssig ist?
Ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn jetzt mal ein paar Jahre Ruhe in die Schule kommt. Abschaffung der OS, Verkürzung der Schulzeit auf 12 Jahre, Zentralabitur, neue Profiloberstufe, eigenverantwortliche Schule, Schulleitbild und Schulprogrammarbeit brauchen auch Zeit, um sie nachhaltig umsetzen und optimieren zu können. Das gegliederte Schulwesen mit seinen Fördermöglichkeiten und der enormen Durchlässigkeit kann sich m.E. sehr gut sehen lassen. Die Zahl der Überspringer, der Nachprüfungen und der Überweisungen von Realschule ans Gymnasium ist bei uns in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Das zeigt, dass die Durchlässigkeit funktioniert.
Das gemeindeübergreifende Modell: Ist es ein Erfolgsmodell?
Das kann man für das Gymnasium Bad Zwischenahn-Edewecht sagen. Es kommt auf die Organisation an. Bei uns gehört es zum Konzept, das grundsätzlich alle Lehrer pendeln müssen. Um dieses gewährleisten zu können, ist ein hoher organisatorischer Aufwand nötig. So musste für die Lehrer, die in Edewecht eingesetzt sind, eine Fahrtstunde eingeräumt werden. Unsere Stundenplaner haben es erreicht, dass die meisten Kollegen nur einmal am Tag zwischen den Standorten fahren müssen. Auf diese Weise lernen aber die Edewechter Schüler alle Lehrer kennen, die sie später auch in der Oberstufe und im Abitur unterrichten. Denn: Wir haben den Vorteil, dass wir eine große Oberstufe haben. Aufgrund unserer Größe können wir neben dem sprachlichen und dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Pflichtprofilen noch zwei weitere Profile im gesellschaftswissenschaftlichen und im künstlerisch-musischen Bereich für das Abitur anbieten. Das bedeutet große Wahlmöglichkeiten für die Schüler. Und das ist nur möglich durch die Synergie mit einer gut geführten Außenstelle.
Herr Friedrich, vielen Dank für dieses Gespräch.