Verhaltensregeln gelten auch für Papa
- Zuletzt aktualisiert am 30. Januar 2015
- Veröffentlicht am 30. Januar 2015
- Geschrieben von Lina Brunnée (NWZ)
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Experte informiert Eltern über Gefahren und Chancen der digitalen Medien
Weil das Internet auch ein dunkle Seite hat, bedarf es eines Trainings. Eltern sollten ruhig auf ihr Bauchgefühl hören.
Bad Zwischenahn - Zu Beginn definiert Maik Riecken das Handy zunächst einmal neu: Ein Handy der heutigen Zeit sei bei weitem nicht nur fürs Telefonieren zuständig, oder gar um SMS zu verschicken, macht er den anwesenden Eltern deutlich. „Und überhaupt: Ein Handy hat, wenn überhaupt noch, Oma. Alle anderen besitzen Smartphones."
Und damit ist Riecken, selber Gymnasiallehrer in Cloppenburg, mitten im Thema: Im Forum des Schulzentrums spricht er über „Digitale Medien – Gefahr oder Chance?" Organisiert wurde das Elternforum von der Präventionsbeauftragten des Gymnasiums Bad Zwischenahn-Edewecht, Silke van Loo. Riecken ist auch beim Niedersächsischen Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ) als Medienpädagogischer Berater tätig. In seiner Doppelfunktion ist er am Puls der Zeit und nah an den Problemen mancher Eltern pubertierender Jugendlicher.
Intimer als Tagebuch
Um zu verdeutlichen, welchen Stellenwert das Smartphone im Leben eines Heranwachsenden hat, zieht Riecken einen Vergleich zum Tagebuch: Der Entzug des Handys sei zu vergleichen mit dem Vertrauensbruch, ein Tagebuch ohne Einwilligung zu lesen. Nur sei das Smartphone deutlich vielschichtiger als es ein Tagebuch je sein könne: Im Speicher befänden sich nicht nur die komplette Unterhaltung mit Freunden sowie die Wochenendplanung, sondern auch Fotos und Videos, die nicht unbedingt für die Augen der Eltern bestimmt seien. Dadurch sei auch die extreme Reaktion vieler Jugendlicher bei der Drohung zu verstehen, das Handy wegzunehmen.
Im Anschluss stellt Riecken die positiven Seiten des Internets vor, aber auch die negativen. „Natürlich gibt es sehr viele hilfreiche Youtube-Videos, mit denen Kinder in Null-Komma-Nichts neue Dinge erlernen können. Sie können sich kreativ ausleben, Stopp-Motion-Filme produzieren, Musik machen und mit Youtube-Klicks sogar ihr Studium finanzieren." Genauso gebe es aber eben auch andere Seiten: Nicht nur, dass es im wahrsten Sinne des Wortes ein Kinderspiel sei, an pornografisches Bilder und Filme heranzukommen, die Weiten des Netzes böten auch Foren für alle möglichen Themen – von Tipps für Magersüchtige bis hin zu der Vorstellung der besten Suizidmöglichkeiten.
Diese dunkle Seite des Netzes sei der Grund, warum es unmöglich sei, einen jungen Menschen ohne Training ins Internet zu lassen. Dafür seien jedoch nicht allein die Schulen zuständig, betont Riecken. Das sei vor allem Aufgabe der Eltern. Seine Vorschläge: Gesprächssituationen schaffen, interessiert sein, wenn Kinder etwas zeigen wollen, klare Regeln aufstellen („An die sich auch Papa zu halten hat"). Und vor allem: aufmerksam gegenüber dem Kind sein. Dabei ermuntert er die Eltern, auf ihr Bauchgefühl zu vertrauen. Auch gelte es, sich selber und dem Nachwuchs klar zu machen, dass es unmöglich ist, Dinge zurückzuholen, die sich erst einmal im weltweiten Netz verbreitet haben.
Oft eine Grauzone
Ein besonders wichtiges Thema der anschließenden Diskussion ist die Frage der Haftung. Leider sei dies nach wie vor eine Grauzone, so Riecken. Für den Fall der Fälle rät er, eine Beratungsstelle oder einen Rechtsanwalt aufzusuchen, bevor die Polizei hinzugezogen wird.
Ein weiteres großes Thema ist das so genannte Sexting, bei dem es zur unkontrollierten und ungewollten Verbreitung von Nacktaufnahmen kommt. Dieses Thema biete, so Riecken, wie viele andere auch, Schnittpunkte zur realen Welt und könne als Aufhänger genommen werde, um über Moral und das menschliche Miteinander zu reden.